07.12.2020
Christine Heer, Kollegium
Die unten stehenden Texte sind weitere Rechenschaftsberichte, entstanden für die Stiftungen und Sponsoren, die unsere Schule unterstützen. Vielleicht interessieren sie auch Leute, die sich fragen, was an der Waldorfschule läuft, wie da der Unterricht, der Alltag, das Miteinander aussieht.
Viel Spass beim Lesen! Christine Heer
5. / 6. Klasse, Claudia Nikolov
Das Schuljahr 2019/20 begann mit grossen Erwartungen und auch Unsicherheiten, da die 5. Klasse mit der 6. Klasse zusammengelegt wurde. Damit wir etwas Zeit ausserhalb der Schule zum gemeinsamen Kennenlernen bekommen, fuhren wir beinahe zu Beginn des Schuljahres in die Kletterhütte Parduz ins Rätikon, wo wir einige Tage blieben. Marcel Bieri begleitete uns netterweise wieder und war für die Abenteuer zuständig. Wir wanderten ausgiebig und fuhren am dritten Tag mit Trottinetts von St. Antönien zurück zum Bahnhof nach Schiers und von dort wieder nach Schaan. Es war für alle ein tolles Erlebnis.
Die Klassen wuchsen langsam aber stetig zusammen und gewöhnten sich auch aneinander. Es dauerte etwas und sicher ging es nicht für alle immer problemlos. Auch für mich als Klassenlehrerin war vieles neu – sind die „Kleinen“ überfordert und die „Grossen“ unterfordert? Ich habe viel lernen müssen und muss es immer noch. An manchen Tagen hatte ich das Gefühl, dass es so gar nicht geht, an anderen wiederum freute ich mich, wenn ich sah, dass die älteren Schüler die Geduld für die jüngeren aufbrachten. Es bildeten sich neue Freundschaften. Der Unterricht lief…
Neu hinzu kam die Physik für beide Klassen, die von allen mit grossem Interesse aufgenommen wurde.
Anstrengend wurde es dann ab dem 13.März 2020 mit der Umstellung auf den Online-Unterricht. Nach kurzer Unsicherheit meinerseits, wie viel Material kann ich den Schülern schicken, ohne dass sie und die Eltern am Papierchaos und der nebenberuflichen Unterstützung verzweifeln, fanden wir einen Konsens und jeder tat, so gut er konnte. Alle brachten ihre Aufgaben.Leider konnten wir am Ende des Schuljahres nicht mehr ins Klassenlager fahren, vielleicht klappt es ja dieses Jahr.
7. Klasse, Nadja Neuhaus
Die 7.Klasse ist neu mit mir als Klassenlehrerin ins Schuljahr gestartet. Nach kurzer Zeit schon war unsere Zusammenarbeit gut eingespielt und die Klasse ergriff die Gelegenheit mit mir als neue Lehrkraft ihre Beziehungen untereinander neu an zudenken. Davon profitieren sie als Klassengefüge auch heute noch. Über das ganze Jahr blieben aber individuelle, zum Teil intensive Arbeiten mit einzelnen Kindern, die den Umgang im Unterricht und den Umgang in der sozialen Gruppe betrafen.
An zwei Wandertagen mit Übernachtung am Grabserberg organisierten und kochten jeweils Gruppen für die ganze Klasse das Essen, ihre Vorbereitungen und ihre Umsetzung war eine reife Leistung, die es in weiteren Lagern aufzugreifen gilt.
In der Chemie durfte ich mit der Klasse neu einsteigen, wissbegierig und interessiert spannte sie den Bogen vom Feuer zum Kupfer über Lauge und Säure, begleitet vom Gedanken „das Tote geht aus dem Lebendigen hervor“. Mit der Chemie der 8./9. Klasse ergab sich ein guter Überblick über den gesamten Chemieablauf, der im Lehrplan wunderbar stimmig angelegt ist. Es ist mir eine Freude damit zu arbeiten.
In den Deutschepochen arbeiteten wir mit Nacherzählungen, die ein geschicktes Anlehnen an die gebotenen Texte ermöglichten, daran übten wir auch die Rechtschreibung, die Wortarten und Satzglieder blieben uns in den Übstunden. Zur Lektüre gehörte die Kinderkarawane von An Rutgers mit geschichtlichem, geografischem und biografischem Hintergrund und ein frei gewähltes Buch aus einer von mir gestellten Auswahl an Jugendbüchern. Zusammen mit dem Lesestoff erarbeiteten wir mündliche und schriftliche Sprachformen.
Die negativen Zahlen und der Start in die Algebra bestärkten die Kinder im Denken vom Beispiel in die Abstraktion und die Dreieckskonstruktionen förderten das Suchen nach eigenen Lösungsvarianten und genaue Handarbeit.
Vor Weihnachten erlebten wir eine Musikwoche. Alle Kinder waren musikalisch tätig und eingebunden, sie staunten über ihre musikalische Ausdauer und auch über ihre erzielten Resultate. Daraus hervor ging eine musikalisch reichhaltige und schöne Quartalsfeier.
Die musikalische Erarbeitung des Mittsommerspieles mit der ganzen Schule war eine grosse Herausforderung, wir arbeiteten intensiv und das gesamte Werk gelang uns in einer ergreifenden Aufführung.
Zwischen diesen zwei musikalischen Werken lag die Schulschliessung wegen Covid. Der Unterricht gelang über E‑Mail und mit grosser Hilfe und Betreuung seitens der Eltern. Es setzte eine Art Schwebezustand ein, die Gesichter und die gesehenen und gefühlten Stimmungen der Kinder fehlten spürbar. Es zeigte sich ganz klar, wie stark das soziale Miteinander bei Lernvorgängen mitschwingt, mit-entwickelt und mitträgt. Ein Elterngespräch zusammen mit dem jeweiligen Kind ermöglichte mir einen Einblick in die Familie. Zur Sprache brachten wir das Sein des Kindes in der siebten Klasse, die persönliche schulische Arbeit und Wünsche oder Ahnungen zum zukünftigen Berufsweg.
8. / 9. Klasse, Irmgard Burtscher
Im Schuljahr 2019/20 haben 9 Schüler die 9. Klasse erfolgreich beendet und die Schule in die verschiedensten Richtungen verlassen. Landwirtschaftsschule Hohenems mit Direkteinstieg in den zweiten Jahrgang nach Aufnahmeprüfung, Berufslehre, Atelierschule Zürich, Zehntes Schuljahr Chur, Kindergartenpädagogik in Feldkirch, das waren die Ziele der Absolventen.
Es war ein besonderes Schuljahr, da der Epochenplan plötzlich ab März auf den Kopf gestellt worden war. Neue Formen des Lernens wurden nun ausprobiert. Die Schüler, die zusammen mit der 8. Schulstufe (in einigen Fächern) unterrichtet wurden, konnten nun Erfahrungen machen, wie man auf sich selbst gestellt lernen kann oder muss. Es ging. Der nicht vorhandene direkte Kontakt zu den Mitschülern und das Lernen so ganz alleine, war nicht jedermanns Sache. Nach Beendigung dieser besonderen Zeit war die erste Schülerfrage: können wir eine Abschlussreise machen? Dadurch zeigte sich, dass der Kontakt, die gemeinsamen Erlebnisse, das Erfahrungen-sammeln, das Lernen letztendlich eine soziale Frage ist, die das schulische Lernen weit mehr prägt, als uns bewusst ist. Die Waldorfpädagogik ist ganz bestimmt eine Form des Lernens, die dies in den Mittelpunkt stellt, ohne dabei den Lernstoff aus den Augen zu verlieren müssen.